Ich konnte es kaum erwarten, den Rio Guadiana zu erkunden. Zu viele Leute hatte ich schon davon schwärmen gehört, so dass ich mir diesen Abstecher ins Hinterland nicht entgehen lassen wollte.
Der Guadiana bildet die Grenze zwischen Portugal und Spanien und ist auf den ersten ca. 30 Meilen befahrbar. Vorausgesetzt, man passt unter der Brücke mit einer lichten Höhe von – je nach Angabe – 18 bis 23 Metern hindurch. Für ahora zum Glück kein Problem.
Nach dem wunderbaren Segeltag von Tavira aus machten Micha von Sailing Terra und ich uns am nächsten Morgen auf den Weg flussaufwärts. Der Wind war perfekt, sodass die Maschine heute den ganzen Tag lang Pause hatte. Mit Rückenwind und geschoben von der Gezeitenströmung fuhren wir ca. 20 Meilen weit den Fluss hoch bis nach Alcoutim, einem süßen kleinen Städtchen mit einer lebhaften Liveaboard-Community.
Diese Fahrt war eines meiner coolsten Segelerlebnisse. Entspannt unter Genua segelte ich Seite an Seite mit Micha ruhig entlang des sich sanft dahinschlängelnden Flusses. Oft waren unsere Boote keine drei Meter voneinander entfernt und wir konnten uns gemütlich die ganze Fahrt über unterhalten. Ein wenig erinnerte mich der Trip an ein entspanntes Nebeneinanderherradeln auf einem breiten Radweg ohne Verkehr.
Nachdem zu Beginn an den Ufern noch eher karge Vegetation und landwirtschaftliche Nutzflächen vorherrschten, wurde es ab ca. der Hälfte der Strecke merklich grüner. Ab hier war anscheinend der Salzgehalt des Wassers gering genug für „normale“ Uferpflanzen.
Der Ankerplatz in Alcoutim ist wunderschön. In Sichtweite des Städtchens hat man trotzdem seine Ruhe. Es riecht nach Land und morgens wacht man von krähenden Hähnen anstatt kreischenden Möwen auf.
Das Flussleben hat einige Vorteile: Es gibt keinen Schwell und meistens weniger Wind als an der Küste. Und angeblich soll nach einer Woche im Süßwasser der Algenfilm an ahoras Unterwasserschiff absterben. Ich bin mal gespannt. Apropos Süßwasser: Der Sprung in den Fluss war das erste Mal seit drei Monaten, bei dem meine Haut Süßwasser abbekam. Ein fast schon komisches Gefühl, ohne das Salz auf der Haut…
Aber Ankern im Fluss hat auch Nachteile: Zweimal am Tag wechselt (wegen der Tide) die Richtung der Strömung, und wenn gleichzeitig Wind geht, führen die Boote vor Anker aufgrund der unterschiedlichen Form ihrer Unterwasserschiffe einen seltsamen Tanz auf, bei dem sie sich teilweise gefährlich nahe kommen. Beim Schwimmen muss man aufpassen, dass man noch gegen die Strömung ankommt, und allgemein ist das Wasser braun und sieht eher unappetitlich aus (aber ist sehr wahrscheinlich trotzdem von guter Qualität). Neben den Sedimenten treiben auch viele Schilfrohre und allerhand größeres Treibholz im Fluss, das sich in Ankerkette und Dinghy verhakt.
Ich werde hier wohl ein paar Tage bleiben. Das neue KlabauterShop-Büro ist schon eingerichtet, auf einer Terrasse mit wunderbarem Blick auf den Fluss und die ankernden Boote.
Außerdem freue ich mich auf ein paar schöne Tage mit meinen Freunden von der Vagabonde, die es trotz 20,50 Meter Masthöhe unter der Brücke hindurch geschafft haben und nun auch auf dem Weg den Fluss hoch sind.
All is well (and relaxed)
Jan