Nach einigen Tagen vor Anker in den Rìas Altas verholte ich mich für zwei Nächte in den Hafen von Viveiro, um meine Salatvergiftung auszukurieren und die Vorräte ein wenig aufzustocken. Außerdem war es nach über einer Woche der Körperpflege mit Salzwasser schön, mal wieder eine Süßwasserdusche zu genießen…. 😉
Viveiro bei Tag und bei Nacht
Meine ersten Schritte führten mich allerdings zu einem Handyladen, wo ich mir ein neues (billiges) Samsung-Handy kaufte. So gibt es jetzt endlich wieder Fotos. Langfristig soll das Gerät allerdings nur als Backup fungieren. Ich habe mir nämlich aus Deutschland ein Ulefone bestellt. Das ist hoffentlich besser dafür geeignet, gelegentliche Salzwasserduschen wegzustecken.
Viveiro hat eine urige kleine Altstadt, die aber erst abends zum Leben erwacht. Dann sind allerdings die Straßen voll, und überall sitzen die Leute vor den Tapas-Bars. Zeit, die lokalen Spezialitäten zu probieren.
Punta Estaca de Bares
Am Freitagvormittag warf ich die Leinen los, um nun endlich die Punta Estaca de Bares und das Kap Ortegal zu runden. Als Tagesziel war Cedeira geplant. Der Wetterbericht sagte zwar immer noch Westwind mit Stärke 5 vorher, allerdings waren die Böen mit maximal 6 angegeben, also machbar (im Vergleich zu den Böen bis 11 drei Tage vorher…)
Also raus aus dem Hafen, in der Bucht Segel setzen (zunächst das volle Groß und die kleine Fock) und los, Kurs Nordwest, hart am Wind. Zunächst noch in der Abdeckung der Punta Estaca de Bares machte das Boot gute Fahrt bei Winden bis Stärke 4, die durch die vorgelagerten Felsen allerdings ziemlich wechselhaft in Stärke und Richtung waren.
Sobald die Abdeckung des Kaps hinter uns lag, frischte der Wind auf 5-6 auf und ich band das zweite Reff ins Großsegel. Die Wellen waren hier gut 4 Meter hoch und gerade in der Nähe des Kaps doch arg unregelmäßig. Auch wenn Ahora relativ trocken segelte, traute ich mich nicht, hier das Handy herauszuholen. Ich wollte nicht noch ein Opfer bringen. Schade, denn die Wellen boten ein beeindruckendes Bild…
Nachdem ich vom Kap aus gut zwei Stunden fast Kurs Nordwest halten konnte, war es Zeit für eine Wende. Die Idee war, nach der Wende direkt Kurs auf Cedeira nehmen zu können. Leider sah die Realität anders aus: Nach der Wende schaffte ich mit Mühe und Not einen Südkurs, und die Geschwindigkeit über Grund wurde auch deutlich geringer. Offensichtlich gab es hier doch eine Strömung. (Ich hatte vorher versucht, das heraus zu finden, aber leider keine Infos diesbezüglich gefunden…)
Das war natürlich unschön, denn mit diesem Kurs steuerte ich direkt aufs Kap zu, anstatt westlich daran vorbei. Nach einigem Überlegen entschied ich mich dagegen, noch einen Schlag nach Nordwesten zu machen, um Höhe zu gewinnen. Stattdessen fiel ich leicht ab und setzte Kurs auf Cariño, ein Dorf mit einem geschützten Ankerplatz östlich des Kaps. So würde ich noch im Hellen ankommen. Das Kap konnte auch noch bis morgen warten, da war nämlich deutlich weniger Wind angesagt.
Nachdem ich die beeindruckenden Felsen passiert hatte, nahmen Wind und Wellen merklich ab, und kurz darauf warf ich den Anker in Cariño und kochte mir ein leckeres Abendessen. Immerhin eins der beiden Kaps war gerundet: Mit der Punta Estaca de Bares lag der nördlichste Punkt Spaniens hinter mir.
Ums Kap Ortegal
Am nächsten Morgen stand ich früh auf, da für Vormittag nur sehr schwacher Wind aus Südwest angesagt war, der dann am Nachmittag auffrischen sollte. Weil das genau gegenan war, wollte ich lieber die Schwachwindphase nutzen und die 18 Meilen um das Kap herum nach Cedeira unter Motor zurücklegen.
Gesagt, getan. Kurz nach Sonnenaufgang verließ ich den Ankerplatz in Cariño und um halb 10 rundete ich die Felsen vor dem Kap. Wie die Zähne eines Raubtiers ragen die gezackten Spitzen in den Himmel. Gruselig, sich das in einem Sturm vorzustellen.
Da wenig Wind war und dieser in Gegenrichtung parallel zur Küste wehte, traute ich mich relativ nah an die beindruckende Küste heran. Es stand immer noch gut drei Meter Welle, die frontal auf die Küste zulief. Dadurch spritzte die Gischt an den Felsen oft meterhoch und hüllte die Berghänge in einen Dunstschleier aus feinen Wassertröpfchen.
Die Steilküste ist hier bis zu 600 Meter hoch, die höchste in ganz Kontinentaleuropa! Damit hatte ich gar nicht gerechnet und entsprechend beindruckt war ich. Schade nur, dass es durch das Gegenlicht kaum möglich war, diesen tollen Anblick fotografisch gut festzuhalten.
Der Schwell von der Seite und seine Reflexion an der Steilküste sorgten für eine ziemlich unruhige See, die das Boot ohne stabilisierendes Segel ganz schön rollen ließ. Aber kein Problem, es waren ja bloß noch dreieinhalb Stunden. Um halb drei fiel der Anker in der Bucht von Cedeira. Somit war das Kap Ortegal auch geschafft!
Ein paar Gedanken zum Wetter
Das Wetter in den letzten zehn Tagen war geprägt von Tiefdruckgebieten, die in Richtung Nordeuropa zogen und somit für starken bis stürmischen (Süd-)Westwind in der Biskaya sorgten. Ich war sehr froh über meine Entscheidung, die Biskaya bereits in der Woche zuvor überquert zu haben. Das war vermutlich für einige Wochen das letzte sinnvolle Wetterfenster gewesen. Aktuell zieht sogar der verirrte Hurrican Lorenzo, der östlichste Kategorie-5-Sturm aller Zeiten, auf die Azoren zu. Der Sturm hat schon erste Opfer gefordert. Aktuell werden noch 10 von 14 Crewmitgliedern eines gesunkenen französischen Schleppers vermisst. Ein ertrunkener Seemann wurde schon gefunden, drei aus einer Rettungsinsel gerettet. Die anderen 10 haben den Sturm vermutlich ebenfalls nicht überlebt.
Ziemlich krass, was im Moment wettermäßig auf dem Atlantik los ist. Zum Glück werde ich wohl, abgesehen von ordentlich Schwell am Ende der Woche, von den Ausläufern verschont bleiben. Amos, ein anderer junger Einhandsegler, den ich unterwegs getroffen habe, ist noch in der Bretagne und wartet mit anderen Seglern auf günstige Winde. Ich drücke ihm die Daumen, dass sich bald wieder ein Wetterfenster für die Biskaya-Querung auftut!
Vor Anker in Cedeira
Cedeira ist ein gemütlicher kleiner Ort, der wohl hauptsächlich vom Tourismus lebt. Da aber Ende September die Saison offensichtlich zu Ende ist, wirkte das Städtchen etwas ausgestorben. Egal, einen Kaffee und ein paar leckere Tapas habe ich trotzdem bekommen.
Der Sonntag versprach Gegenwind und Regen, sodass ich den Tag vor Anker verbrachte, mich in der Kajüte verkroch und meine Umsatzsteuervoranmeldung für den Klabauter-Shop erledigte. Tja, auch das gehört zum Leben als digitaler Nomade. Immerhin eine sinnvolle Beschäftigung an einem solchen Regentag.
Auf nach A Coruña
Am Montag morgen stand ich wieder früh auf und machte mich auf in Richtung A Coruña. Die Windfinder-App versprach zunächst schwache südliche Winde, die dann auf Südwest drehen sollten. Zumindest am Anfang sollte somit Segeln drin sein!
An der Ausfahrt der Rìa passierte ich die Thula, eine Vindö 45, die am anderen Ende der Rìa geankert hatte. An Bord ein junges deutsches Pärchen. Hätte ich das vorher gewusst, wäre ich sicher mal mit dem Dinghy rübergefahren und hätte ein wenig Unterhaltung bei dem Regentag gehabt. Durch Zurufen verabredeten wir dann aber immerhin ein Treffen im Hafen in A Coruña. Da der Wind wirklich günstig war (endlich!), setzte ich gleich am Ausgang der Ría die Segel, und Peter, der Windpilot, konnte bei drei Windstärken einen guten Südwestkurs entlang der Küste halten.
Dabei zeigte sich, dass Ahora unter Segeln sehr gut mit der deutlich jüngeren Vindö 45 mithalten konnte. Und das, obwohl ich zu faul war, die bereits angeschlagene Fock gegen die Genua zu tauschen. Unterwegs machten die Thula-Crew und ich gegenseitig Fotos von unseren Booten in voller Fahrt. Sehr schön, denn solche Bilder bekommt man sonst nur selten.
Am Cabo Prior drehte der Wind, wie angekündigt, nach Südwest, sodass ich nach einer Wende kurzzeitig einen perfekten Südkurs Richtung A Coruña segeln konnte. Leider nur kurzzeitig, denn der Wind schlief kurz darauf fast komplett ein. So musste wieder einmal der Motor ran. Schade, aber immerhin, die erste Hälfte der Strecke war absolut top. Kaum Welle und 5 Knoten Fahrt unter Segel ohne allzu viel Lage. Wie entspannend! Da wurde ich für die anstrengenden Zeiten mit Gegenwind und Schwell der letzten Tage und Wochen entschädigt…
Die Einfahrt nach A Coruña war dann relativ simpel. Schon von weitem konnte man den Torre de Hercules erkennen, den ältesten aktiven Leuchtturm der Welt. Ich machte in der relativ neuen und fast leeren Marina Coruña fest und freute mich über eine schöne Dusche und eine Waschmaschine, in der ich endlich meine teilweise ziemlich salzige Wäsche waschen konnte. Zudem war das Wetter prima, und so machte ich mich auf in die Stadt, um einen Salat und eine Tortilla zu genießen. Eine willkomme Abwechslung nach all den Meeresfrüchten in den Tapasbars.
Am Abend lernte ich Janne und Ilja von der Thula bei Bier und Wein näher kennen. Sehr sympathische Leute! Und vor allem schön, mal wieder ein paar andere junge Segler zu treffen. Die beiden mussten am nächsten Tag schon weg, da sie weiter südlich eine Verabredung haben. Aber ich hoffe, die Thula in der Gegend um Vigo noch einmal wieder zu treffen. Auf jeden Fall schon mal Danke für die tollen Fotos von Ahora!
Was für schöne Fotos und tolle Berichte! Das macht ja unglaublich Lust, gleich alles stehen und liegen zu lassen und bei dir anzuheuern. Dann weiterhin immer die richtige Brise und genug Wasser unterm Kiel. Liebe Grüße, Marco
Oh Jan, wenn ich die Wellen sehe werde ich schon „seekrank“ – ich finde es so spannend, dich hier zu begleiten. Marco gab mir den Tipp.
Liebe Grüße Sieglinde