Nach mehr als einem Monat fast täglichen Segelns war es an der Zeit für eine kleine Pause. Die letzten zwei Wochen verbrachte Ahora im Hafen von Vannes, und ich machte kleine und größere Ausflüge in der Stadt und im wunderschönen Golfe de Morbihan.
Die Gegend kannte ich von zahlreichen Urlauben als Kind ganz gut, allerdings war mein letzter Besuch schon 15 Jahre her, sodass viele Kindheitserinnerungen wieder hoch kamen.
Vannes als Stadt ist wunderschön, und der Hafen liegt genau im Zentrum, sodass man mittendrin statt nur dabei ist.
Neben der charmanten, aber auch etwas touristischen Altstadt verbrachte ich viel Zeit im Dédale-Café, einem Café in einem alten Gebäude direkt am Hafen, das auf seinen Abriss wartet und bis dahin eine tolle Streetart-Ausstellung beherbergt.
Ich war erstaunt, so einen hippen Ort in einer kleinen Stadt wie Vannes zu finden. So etwas hätte ich eher in Berlin erwartet.
Während der zwei Wochen fühlte ich mich fast schon heimisch, was nicht zuletzt an unseren Familienfreunden lag, die zweimal zum Kaffee kamen und mich einmal zum Essen einluden. (Und mir eine Ersatz-Winschkurbel schweißten und mir halfen, ein Sonnensegel aus einem alten Segel zu nähen. Merci beaucoup, Annick et Louis!)
Ich lernte aber auch eine Menge anderer netter Menschen kennen, teilweise Nachbarlieger im Hafen, aber auch über Couchsurfing und Facebook. Dort hatte ich in den lokalen Gruppen geschrieben, dass ich mit meinem Boot zu Besuch sei und gerne Leute auf ein Bier oder einen Kaffee treffen würde.
Der Erfolg war durchschlagend, schnell war ich jeden Abend „ausgebucht“. Und ich wurde mehrmals von Leuten auf der Straße angesprochen, ob ich nicht der nette Typ von Facebook mit dem Boot sei. Einmal wollte jemand sogar ein Selfie mit mir machen. Verrückt! Kaum in der Stadt und schon „berühmt“… 😉
Ein Vorteil, Menschen vor Ort zu treffen, war, dass sich so mein Aktionsradius erweiterte. Mehrere meiner neuen Bekannten boten mir an, gemeinsam mit dem Auto die Gegend zu erkunden. Da sagte ich natürlich nicht nein, und so kam es, dass ich auch Orte wie Auray, Le Bono und mein geliebtes Larmor-Baden wieder besuchen konnte. (Letzteres habe ich allerdings alleine mit dem Rad gemacht).
Berührend war ein Besuch in Le Bono am Grab von Bernard Moitessier, dem berühmten Segler und Buchautor. Ich habe mehrere seiner Bücher in Originalsprache an Bord, und er ist einer der Segelhelden meiner Kindheit.
Besonders erstaunt war ich, wie sehr der Einfluss von Geruch auf Erinnerungen war. Die Mischung aus süßem Kiefernharz und dem moderigen Geruch der Algen bei Ebbe fühlten sich so vertraut an, dass ich mich wirklich „zu Hause“ fühlte.
Neben der neuen Winschkurbel und dem Sonnensegel machte ich noch einige Besorgungen für’s Boot und wechselte das Motor- und Getriebeöl. Außerdem arbeitete ich ein wenig am Klabauter-Shop. Es tat wirklich gut, einmal Zeit für liegengebliebene Aufgaben zu haben.
Letztes Wochenende kamen außerdem noch mein Freund Ben und ein alter Studienfreund aus Paris mit seiner Freundin zu Besuch. Also volles Programm. Das Wetter war zudem außerordendlich gut für Mitte September, sodass wir einen richtigen Sommerurlaub genossen.
Auch wenn ich gerne noch länger geblieben wäre: Die Herbststürme auf der Biskaya werden sicher nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen, und ein wenig juckt es mich auch in den Fingern, die nächste Etappe in Angriff zu nehmen.
Ab Dienstag ist für drei Tage guter Nordost-Wind angesagt, sodass ich morgen auf die erste große Etappe starten werde: 300 Seemeilen quer über die Biskaya mit Ziel Galicien. Ich bin natürlich etwas aufgeregt, da dies auch das erste Mal sein wird, dass ich so lange alleine unterwegs bin. Aber das Boot und ich sind gut vorbereitet, sodass ich guter Dinge bin, dass alles klappt.
Den nächsten Blogpost werde ich hoffentlich aus Spanien schreiben.
All is well!
Jan