Nach dreieinhalb wunderbaren Monaten in Porto ging es am 4.2.2020 wieder los! Wie auch schon bei meiner Ankunft in Porto war ich auch auf diesem Teil der Reise nicht alleine an Bord: Tania, eine Bekannte aus Freiburg, heuerte als „First Mate“ an. Sie war spontan genug, mit nur einem Tag Vorlauf einen Flug nach Porto zu buchen, um das Wetterfenster für die Fahrt nach Süden zu nutzen.
Ich freute mich sehr, auf den langen Strecken die Küste hinunter eine kompetente Crew dabei zu haben und Tania freute sich, eine weitere Laurin 32 kennen zu lernen. Sie ist nämlich absoluter Laurin-Koster-Fan und hat aktuell sogar zwei Boote vom selben Typ. Leider stehen die aber beide momentan im winterlichen Schweden auf dem Trockenen. So war der Törn für Tania eine gute Gelegenheit, ein wenig Meeresluft zu schnuppern.
Die portugiesische Westküste ist kein einfaches Segelrevier: Vom offenen Atlantik trifft häufig beachtlicher Schwell auf die Sandstrände und Felsenkaps, sodass eine Einfahrt in die meisten Häfen und Flussläufe nur bei sehr ruhigem Wetter möglich ist. So kommt es, dass der nächste Hafen südlich von Porto, der bei jedem Wetter angelaufen werden kann, das 100 Seemeilen entfernte Nazaré ist.
Den Ort wählten wir als unser nächstes Etappenziel, auch wenn das Wetter durchaus auch ein Einlaufen in Figuera da Foz zugelassen hätte. Aber bei dem angekündigten Nordwind wollten wir vor allem eines: Strecke machen.
Um die Mittagszeit verließen wir, nach einer großen Abschiedsrunde den Liegeplatz, an dem Ahora die letzten Monate hin- und hergeschaukelt wurde.
Der offene Atlantik begrüßte uns mit moderatem Schwell, der vor allem recht langgezogen war. Dadurch war es an Bord trotz Raumschotkurs recht gut auszuhalten und das Rollen hielt sich in Grenzen. Ich genoss es sehr, wieder unterwegs zu sein.
Ich war sehr froh, Tania dabei zu haben, denn so konnten wir uns bei der Wache in der Nacht abwechseln und ich konnte zwischendurch ein Nickerchen machen. So nah vor der Küste wäre mir Schlafen unterwegs zu riskant gewesen. Wie sich herausstellte wäre das auch keine gute Idee gewesen, zweimal mussten wir ein Ausweichmanöver fahren, weil ein Fischerboot ohne AIS uns auf Kollisionskurs entgegen kam.
Die Fahrt verlief ansonsten recht entspannt, wir konnten gut zwei Drittel der Strecke segeln, den Rest motorten wir mangels Wind. Der Schwell hielt sich auch in Grenzen und so genossen wir die Delfine, die uns die ganze Nacht über begleiteten, und den wunderschönen Sonnenaufgang.
Gegen 1000 Uhr liefen wir in den Hafen Nazaré ein und wurden herzlich in Empfang genommen von unseren Freunden Ben und Elena, die mit Marianne unterwegs waren, und Brendan und Carrie von der amerkanischen Yacht Creeky, die wir schon aus Porto kannten.
Nazaré hat nicht nur einen der wenigen „Allwetterhäfen“ an der portugiesischen Westküste, sondern auch die höchsten Wellen der Welt. Wie das zusammen passt, wird erst klar, wenn man eine Seekarte zur Hand nimmt. Direkt vor der Küste im Norden der Stadt endet ein Unterwassercanyon, durch den bei guten Bedingungen der Schwell vom Ozean direkt bis vor den Strand getrichtert wird und dort imposant bricht.
Zwei Kilometer südlich des Canyons liegt dagegen der Yachthafen, der durch dicke Wellenbrecher vor Brechern geschützt ist, die in diesem Teil der Bucht höchstens „normale“ Wellenhöhen erreichen und angeblich eine Einfahrt bei allen Bedingungen erlauben.
Das Wetter war perfekt, und so starteten wir zu einer kleinen Wanderung durch den Ort zum Leuchturm auf der vorgelagerten Klippe. Der Ort ist zwar recht touristisch, aber hat trotzdem seinen Charme als Fischerort behalten.
Der Aufstieg zur Klippe brachte uns ganz schön außer Puste. Doch wenn man stundenlang auf dem Boot hockt, tut so etwas Bewegung schon ganz gut. Belohnt wurden wir mit einem grandiosen Ausblick.
Auf der anderen Seite der Klippe ist das Ende des Canyons, wo sich die Monsterwellen auftürmen. Heute war die See dagegen erstaunlich ruhig, sodass ich mich sogar bis ins knieetiefe Wasser vorwagte. Doch selbst hier war die Macht der Wellen deutlich zu spüren, sodass ich schleunigst den Rückzug antrat.
Abends genossen wir gemeinsam mit Ben und Elena exzellentes All-You-Can-Eat Sushi. Da am nächsten Tag Flaute angesagt war, blieben wir noch eine zweite Nacht und genossen das gute Wetter und die im Vergleich zu Porto schon merklich wärmeren Temperaturen.
Der Hafen war so geschützt, dass Ahora absolut still lag. Ich hätte wahrscheinlich sogar die Festmacher lösen können und das Schiff hätte sich keinen Zentimeter bewegt. Es war ein extrem seltsames Gefühl, nach monatelangem Schwell in Porto auf einmal gar keine Bewergung im Schiff zu spüren. Fast schon unheimlich.
Am Donnerstag ging es dann weiter nach Peniche, gut zwanzig Meilen weiter südlich. Wir legten extra früh ab, um den Südostwind zu nutzen, der am Vormittag angesagt war. Und so segelten wir fast die komplette Strecke und genossen den Sonnenschein.
Peniche ist ebenfalls ein sympathischer kleiner Ort, wenn auch nicht so herausgeputzt wie Nazaré. Auch hier war der Hafen recht gut geschützt.
Am nächsten Morgen machten wir uns auf den Weg ins 45 Meilen entfernte Cascais. Zunächst konnten wir ein wenig hoch am Wind segeln, doch dann drehte der Wind auf komplett gegenan. Eigentlich war ab 11 Uhr morgens ein Drehen des Windes auf nördliche Richtungen vorhergesagt, doch das ließ leider auf sich warten. So motorten wir gut 3 Stunden gegenan bei kurzer, steiler Welle und Nieselregen. Unschön.
Zum Glück zog dann aber mit einiger Verspätung die angekündigte Front durch, der Wind drehte auf Nordwest und wir zischten mit Rauschefahrt am Cabo da Roca vorbei. Damit hatten wir den westlichsten Punkt Kontinentaleuropas gerundet. Von nun an geht es zunächst einmal wieder nach Osten, bis ich mich irgendwann zu den Kanaren aufmachen werde. Da der Wind nun allerdings immer nördlicher einfiel, begann Ahora unangenehm zu rollen, sodass wir froh waren, die Spitze vom etwas südlicher gelegenen Cabo Raso zu runden. Die letzten Meilen legten wir im Dunkeln zurück, und um 2020 Uhr fiel der Anker im Licht des Vollmondes in der Bucht von Cascais.
Wir genossen eine ordentliche Portion Nudeln und fielen dann müde aber glücklich in unsere Kojen.
Am nächsten Morgen begrüßte uns strahlender Sonnenschein und Windstille, sodass wir, nachdem wir Klarschiff gemacht hatten, die 3 Stunden den Tejo hoch nach Lissabon motorten. Endlich: T-Shirt-Wetter im Februar! 🙂
Nachdem wir die beeindruckende Ponte 25 do Abril passiert hatten, machten wir in einem der Stadthäfen hinter einem Containerterminal fest.
Lissabon ist eine tolle Stadt, und den Nachmittag und Abend verbrachten wir direkt neben der Marina in der LX Factory, einem alten Industriekomplex, der mittlerweile von kreativen Hipstern in Beschlag genommen wurde.
Den nächsten Vormittag verbrachte ich mit Buchhaltung für den Klabauter-Shop an einem weiteren kreativen Ort, nämlich Village Underground Lisboa.
Nachmittags machte ich mit meinem Faltrad auf in die Stadt, wobei ich mich auf die Gegend am Flussufer beschränken musste. Der Rest der Stadt ist einfach viel zu hügelig für ein Rad (insbesondere eins ohne Gangschaltung…)
Am Abend gingen wir früh ins Bett, denn auf uns wartete eine weitere lange Etappe. Ab in den Süden, Richtung Algarve!
All is well!
Jan