Als ich im Frühjahr in Barcelona meinen Törn richtung Osten plante, war ich etwas unentschlossen, ob ich nicht einen Bogen um Südfrankreich machen und direkt nach Sardinien segeln sollte. Nach den vollen Buchten und teuren Häfen auf Ibiza und Mallorca mochte ich mir gar nicht ausmalen, wie das wohl an den Lieblingsorten des Jetsets im Süden Frankreichs sein würde.
Doch wie so oft im Leben sind Orte in echt dann doch ganz anders, als man sie sich vorstellt. Ist ja auch gut so, sonst wäre die Reiserei auch ziemlich sinnlos. Im Falle der Côte d’Azur war es zum Beispiel so, dass ich extrem positiv überrascht war.
Es gab überall genug Platz zum Ankern, tolle Natur, nette Menschen und, was mich besonders erstaunt hat: bezahlbare Häfen. Zumindest für die relativ kleine „ahora“. So kostete die Nacht in der Luxus-Marina in Cannes gerade einmal 27 € und im Stadthafen von Nizza sogar nur 26 €. Auf Mallorca hätte das auch mal mit dem Zehnfachen zu Buche schlagen können. (Wie gut, dass ich einen guten Anker habe…)
Also: Einmal mehr zeigt die Erfahrung, dass man sich nicht von Klischees beeinflussen lassen, sondern Orte lieber selber entdecken sollte.
Doch nun der Bericht von der Côte d’Azur von Anfang an und mit schönen Bildchen:
Nachdem mein Vater nach unserem schönen Vater-Sohn-Törn von Toulon aus wieder nach Hause gereist war, kam schon am nächsten Tag der nächste Besuch: Meine Freundin Theresa, die ich in Barcelona kennengelernt hatte und die auch einmal das lustige Leben vor Anker kennen lernen wollte.
Und so hielten wir uns nicht lange in der heißen Stadt auf, sondern warfen die Leinen los in Richtung der vorgelagerten îles d’Hyères.
Îles d’Hyères
Die drei Inseln Porquerolles, Port Cros und Levant haben es uns echt angetan. Auch wenn sich in den Buchten viele Boote tummeln, so ist es auf keiner der Inseln überfüllt. Auf Port Cros, die einen Nationalpark beheimatet, ist es sogar fast einsam, trotz Hochsaison. Das liegt aber auch daran, dass man vorher eine Boje reservieren muss und wild Ankern verboten ist.
Sehr speziell ist die dritte der Inseln. Der größte Teil der Ile Levant ist militärisches Sperrgebiet und beherbergt Abschussrampen für Mittelstreckenraketen. Im starken Kontrast dazu steht die Kommune Heliopolis, die im einzigen öffentlich zugänglichen Bereich der Insel an der Westspitze liegt.
Das Dorf wurde Anfang der dreißiger Jahre als erstes Nudistendorf Europas gegründet und war insbesondere in den 50ern beim internationalen Jetset beliebt, denn hier konnte man die französische Freizügigkeit unbeschwert genießen.
Zunächst waren wir etwas unentschlossen, ob wir uns auf dieses Abenteuer einlassen sollten. Aber es hat sich gelohnt! Das Dorf war voller netter, lächelnder Menschen, die hier zum größten Teil auch leben, zumindest im Sommer. Touristen gab es kaum, dafür aber ein exzellentes Restaurant mit Blick auf den Sonnenuntergang.
Daran, dass alle nackt rumlaufen gewöhnt man sich schnell. Und wer das nicht mag kann sich natürlich auch ein Handtuch oder einen Pareo umwickeln (der so genannte „le minimum“).
Am Festland
Aber auch am Festland gab es einige sehr schöne Ankerplätze. Zum Beispiel direkt vor dem Fort de Bresançon, der Sommerresidenz der französischen Präsidenten.
Für zwei Nächte kam auch noch Pina zu Besuch, eine alte Schulfreundin von mir, die zufällig in Südfrankreich unterwegs war. Es ist wirklich erstaunlich, wie oft ich schon alte Freunde und Bekannte unterwegs getroffen habe. Für sowas ist die Vernetzung über soziale Medien echt Gold wert!
Nachdem wir eine gute Woche lang in der Gegend um die Îles d’Hyères verbracht hatten, zog es uns weiter Richtung Osten. Nicht zuletzt, da wir mit meinem Bruder in Cannes verabredet waren.
Auf dem Weg fanden wir weitere traumhafte Ankerbuchten, wie die am Cap Taillat. Einsam ist zwar anders, aber es gab genug Platz, schöne Natur und vor allem: keine lärmenden Jet Skis weit und breit.
St. Tropez
Etwas anders sah es dann in Saint Tropez aus. Dort ankerten wir in der Nachbarbucht, weil uns 70 Euro in der Nacht für den Hafen doch etwas teuer erschien (Trotzdem deutlich günstiger, als ich erwartet hätte. Jedenfalls kein Vergleich zu Palma de Mallorca…)
In die Stadt wanderten wir dann am Ufer entlang, aßen ein Eis an der Hafenpromenade und ließen uns bewundern von den Reichen und Schönen auf den Decks ihrer Motoryachten. Irgendwie ist mir ahora deutlich lieber als so ein Kahn…
A propos Motoryacht: Es bestätigt sich doch hin und wieder das Klischee, dass Segler im Schnitt mehr von Seemannschaft verstehen als Motorbootfahrer. Als wir nach unserem Landausflug zum Boot zurück kamen hatten wir einen neuen Nachbarn:
Die Crew war offensichtlich an Land. Aber der Anker war so platziert, dass ich das Boot beim Schwojen mehrfach mit dem Bootshaken von ahora’s Bug wegdrücken musste.
Naja, zum Glück ist kein Schaden entstanden. Wir hatten aber sowieso genug vom Trubel, von dicken Autos und dem Jetset, sodass wir weiter Richtung Esterelgebirge segelten. In der Bucht fanden wir Schutz vor starken Windböen und Gewitterwolken, die nachts in der Ferne gespenstisch leuchteten.
Esterelgebirge
Das Esterelgebirge ist bekannt für seine roten Felsformationen und wir nutzten die Gelegenheit für eine Wanderung.
Am nächsten Tag segelten wir weiter nach Cannes, wo wir über die Navily-App noch schnell für schmalen Taler einen Liegeplatz im Stadtzentrum reserviert hatten. Die Marina war wirklich top, mit sehr gepflegten Sanitäranlagen inkl. privatem Badezimmer und Waschmaschinen. Ein Traum nach 2 Wochen ohne Dusche… 😉
Cannes & Co.
In Cannes kam dann auch mein Bruder Tom dazu. Mittlerweile ist es ja schon Tradition, dass er seinen Sommerurlaub bei mir an Bord verbringt. Eigentlich wollte Theresa mit dem Zug weiter nach Italien reisen, aber das Segeln hat ihr so gut gefallen, dass sie sich spontan entschied, noch eine Weile länger mitzufahren. So waren wir also wieder zu dritt. Eng, aber machbar. Besonders bei gutem Wetter.
Cannes hat uns wirklich gut gefallen. Zwar etwas schickimicki, aber man hat trotzdem das Gefühl, dass hier nicht nur Touristen unterwegs sind, sondern die Stadt auch so sehr lebendig ist. So genossen wir zwei Tage lang das französische Stadtleben.
Aber auf Dauer wurde es doch etwas heiß in der Stadt, sodass wir uns, nach einem Stopp an der Tankstelle, zwischen die beiden der Stadt vorgelagerten Îles de Lérins verholten. Zwischen den beiden Inseln ist ein gut geschütztes Ankerfeld, das natürlich ziemlich voll war wegen der direkten Nähe zur Stadt. Trotzdem fanden wir ein schönes Plätzchen.
Wir blieben zwei Nächte und erkundeten beide Inseln. Trotz der Nähe zur Stadt war es auch an Land sehr ruhig. Das ist eindeutig ein Vorteil von Inseln: Man muss mit dem Boot oder einer der Fähren kommen, was große Touristenströme fernhält.
Ein absolutes Highlight war das Pizza-Boot im Ankerfeld! Findige Segler haben auf einem ankernden Katamaran einen Pizzaofen installiert. Bestellen kann man bequem online (im Bestellformular muss man seine GPS-Position angeben) und geliefert wird nach 20 Minuten mit dem Dinghy. So ein Service ist dann wiederum ein Vorteil beliebter Ankerbuchten.
Antibes
Die nächste Station unserer Reise: Antibes. Für den Nachmittag war Mistral angesagt, sodass unser Plan war, im Osten der Halbinsel des Cap d’Antibes zu Ankern um vor Wind und Schwell geschützt zu sein.
Der Plan ging leider nicht so ganz auf. Kurz nachdem wir den Anker warfen, drehte der Wind auf Ost und nahm stetig zu. Wir hatten zwar einen guten Ankergrund, aber der Schwell machte uns doch ziemlich zu schaffen. Tom mussten wir sogar mit dem Dinghy an Land bringen, weil ihm schlecht wurde.
Später hörten wir, dass der Ankerplatz bekannt ist für eine Art „Gegenmistral“, der in Landnähe mit bis zu 5 Beaufort aus Osten bläst, während 1 Kilometer weiter südlich der „echte“ Mistral aus Westen kommt. In der Auflösung schafft das eine typische Wind-App natürlich leider nicht abzubilden.
Abends flaute der Wind zum Glück etwas ab, sodass wir ganz gut schlafen konnten. Wir befanden uns in Antibes übrigens in guter(?) Nachbarschaft. In der Bucht ankerten mehrere Megayachten bekannter Milliardäre, unter anderem zwei von Abramowitsch. Warum man zwei solcher Yachten braucht, und dann auch noch am gleichen Ort, ist mir schleierhaft…
Nizza
Weiter ging es nach Nizza. Wieder einmal war es kein Problem, einen Hafenplatz für den selben Tag zu reservieren. Und der Preis war auch phänomenal günstig für die Hochsaison. Ich vermute, das liegt daran, dass Boote in ahoras Größe eher selten sind am Mittelmeer, wo es kaum Yachten unter 45 Fuß gibt. Umso besser für uns. Der Stadthafen war ruhig und schön gelegen und wir verbrachten zwei Tage in der Stadt. Die Zeit nutzte ich, um mir meine zweite Covid-Impfung abzuholen, was in Frankreich zum Glück sehr unkompliziert möglich war.
Nizza hat uns noch besser gefallen als Cannes und ist definitiv auf der Liste meiner Kandidaten für eine Überwinterung. Aber nicht in diesem Jahr, dann da heißt das Ziel Italien…
Nach zwei Tagen Großstadt ging es unter Motor weiter zu unserem letzten Stopp auf dem französischen Festland: Menton.
Menton liegt direkt an der Italienischen Grenze und ist einfach wunderschön. Grüne Hügel im Umland, die Ausläufer der Alpen im Hintergrund und schöne Gässchen am Hang. Hier hieß es Abschied nehmen für Theresa, die ihre Eltern im Urlaub in Italien besuchen wollte. Für Tom und mich stand das nächste Abenteuer auf dem Programm: Korsika!
Coolen Beticht, wir sind such entlang der Cote dAz und nach dem Stop in St Trop, gehen weiter nach St Raphael und Cannes. Grüsse von Felix und Esthi, vom Boar Eva Vaterina, Schweizer Flagge